„Sag Nein!“

Wolfgang Borchert 100. Geburtstag 2021

Zwei Dörfer im Münsterland erinnern an Wolfgang Borchert und diskutieren über Pazifismus

Friedenskreis Havixbeck und Friedensinitiative Nottuln 
erinnern an den 100. Geburtstag des Pazifisten

Havixbeck/Nottuln. „Ihr Mütter in allen Erdteilen der Welt, wenn sie morgen befehlen, ihr sollt Kinder gebären, Krankenschwestern für Kriegslazarette und neue Soldaten für neue Schlachten, dann gibt es nur eins: sagt Nein!“ Der deutsche Nachkriegsdichter Wolfgang Borchert schrieb mit seinem letzten Text „Dann gibt es nur eins!“ ein flammendes Vermächtnis gegen den Krieg. Am 20. Mai 2021 wäre Borchert 100 Jahre alt geworden. Der Friedenskreis Havixbeck (FK) und die Friedensinitiative Nottuln (FI) erinnerten mit einer besonderen Aktion an diesen Jahrestag und an Wolfgang Borchert. 13 Zitate aus dem Stück „Dann gibt es nur ein!“ ließen die beiden Friedensorganisationen auf Banner drucken. Diese wurden – in Absprache mit den Bürgermeistern Jörn Möltgen und Dr. Dietmar Thönnes – in Havixbeck und Nottuln an „prominenter“ Stelle aufgehängt. Mit dieser Aktion plädierten die beiden Friedensorganisationen ebenso leidenschaftlich: „Stoppt die Kriege! Stoppt die Gewalt!“  Und die Aktion findet in den beiden Gemeinden und darüber hinaus eine unglaubliche Reaktion. Der Bürgermeister aus Nottuln ließ in seiner Verwaltung kurze Texte von Borchert einsprechen und schallte diese jeden Dienstag um 12 über den Rathausplatz hinaus. In Havixbeck griff die Buchhandlung Janning das Thema auf und gestaltete einen Borchert-Büchertisch. Viele Menschen lasen die Texte auf den Bannern, schrieben den Friedensgruppen oder hinterließen in den Sozialen Medien Kommentare. Viele scannten den QR-Code.  (Foto vom Code). Zahlreiche Leserbriefe setzten sich mit Borchert und dem Pazifismus auseinander. 


Die Banner waren mit einem QR-Code ausgestattet, der auf einen Text im Internet hinwies. Mit diesem stellte Dr. Christa Degemann-Lickes, Autorin und Vorsitzende des Friedenskreises in Havixbeck, den Dichter und Pazifisten vor: 
„Am 20. Mai 1921 wird Wolfgang  Borchert in Hamburg-Eppendorf  als einziges Kind seiner Eltern geboren. In der Schule heißt es über den heranwachsenden Lehrersohn, er sei schwatzhaft und „nicht immer in ernsten Dingen ernst genug“. Borchert war 18, als der Zweite Weltkrieg begann, ist 20, als er an die Ostfront eingezogen wird. Beim Angriff auf die Sowjetunion ist er dabei. Er schreibt über den Irrsinn des Krieges nach Hause. Wegen vorgeblicher Selbstverstümmelung wird er zum Tode verurteilt, dann zur Frontbewährung begnadigt. Es werden kriegskritische Briefe gefunden, die die Gestapo als Angriff auf Staat und Partei wertet. Wochenlange Haft, dann wieder an die Front. Krieg und Kerker zerstören seine Gesundheit. Mit Erfrierungen, Gelbsucht und Verdacht auf Fleckfieber kommt er in ein Seuchenlazarett. Eine Goebbels-Parodie bringt eine Anklage wegen Wehrkraftzersetzung. Es folgt Strafaufschub zwecks Feindbewährung.
Völlig entkräftet und krank kommt er im Mai 1945 zurück, Heimkehr in sein grausam zerstörtes Hamburg. Wenige Male kann er noch als Schauspieler auftreten, dann lässt dies seine Gesundheit nicht mehr zu. Aber er schreibt, krank, meist fiebernd, meist liegend. Er schreibt wie ein Besessener, er formuliert für viele seiner Generation das Gefühl der verratenen Jugend, verraten von allen, den lieben Gott eingeschlossen, beeindruckend dargestellt in dem Drama „Draußen vor der Tür“.

Er ist ein entschiedener Pazifist, das ist im Nachkriegsdeutschland schon sehr viel und trotz des gerade zurückliegenden Krieges selten und auch nicht unbedingt erwünscht… Und er hat nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Zukunft vorausahnend im Blick. Die Hamburger Kammerspiele haben die Uraufführung von „Draußen vor der Tür“ für den Totensonntag vorgesehen. Er stirbt einen Tag vorher, am 20. November 1947 im St. Clara-Spital zu Basel, im Alter von 26 Jahren.“

Eine Aktion, die nachzuahmen, sich lohnt.  Die Banner können beim Netzwerk Friedenskooperative in Auftrag gegeben werden.   www.friedenskreis.de